Texte

 
 

Philosophische BEtrachtung

Viel wird heute über das Geistige in der Kunst gesagt und geschrieben. Es ist Thema von Diskursen, Tagungen,  Foren und Büchern. 

Muss der Geist nicht erst im Menschen erwacht sein, bevor er in der Kunst in Erscheinung treten kann? Und ist das damit gemeint, was sich die Menschen, jeder, je nach seiner geistigen Ausrichtung, darunter vorstellen? Wollen wir Illustrationen unserer Vorstellungen nach irdischem Vorbild in wunderbar leuchtenden Farben sehen? Oder wollen wir das Abenteuer wagen, eine noch nicht da gewesene Handschrift zu erlernen und den Austausch mit Farben als Ausdruck eingehen?  Sind wir stark genug, dem Ansturm Stand zu halten, der aus dieser Form der Begegnung entspringt?

Heute zu malen ist ein Abenteuer. Es stellt uns die elementarsten Fragen nach unserem Sein und Ursprung.

Andreas Hausendorf

Eröffnung Ausstellung Sichtweisen Gemeindehaus Reinach am 25. 9. 08

Andreas Reinhard Hausendorf ist Autodidakt und Künstler aus Berufung. Schon mit 15 Jahren begann er die Reise ins Abenteuer der Farben und Formen. Die Malerei bleib  ihm während seiner Ausbildungs- und Lehrzeit als Refugium erhalten und bestimmte danach sein Leben. 

Den ursprünglich aus Bad Harzburg stammenden Künstler verschlug es mit 25. Jahren aus seiner damaligen Wahlheimat Göttingen nach Kandern und von dort in die Schweiz, wo er sich einem intensiven Studium der Farbe widmete. 25 Jahre lang lebte er mit seiner Familie in Arlesheim und arbeitete im lauschigen Hinterhaus Atelier im St. Johann. Zahlreiche Werke sind in dieser Zeit in den Besitz öffentlicher und privater Sammlungen gelangt oder haben ihren Weg in die Wohnräume kunstsinniger Menschen gefunden. Am letzten 24. Dezember ist der Künstler unerwartet früh aus dem Leben geschieden und hat ein beachtliches Oeuvre hinterlassen. 

In der Ausstellung Sichtweisen sehen Sie Neues und Unvollendetes aus der Vorbereitung zu ebendieser Ausstellung. Die mutigen Farbklänge in reiner Malerei fordern und eröffnen neue Sichtweisen. Ihre Tonalitäten entführen uns in ungeahnte Klang- und Erlebniswelten. Es sind Meditationen die uns dazu einladen einen Moment inne zu halten um uns Momente der reinen Wahrnehmung und der Besinnung zu gönnen. Ihre starke Ausstrahlung ist das Ergebnis vieler übereinander gearbeiteten Farbschichten die vor Kraft und Wärme vibrieren und den umgebenden Raum mit ihrer Energie vitalisieren.

Annemarie Maag, Basel 2008

Forum Flüh November 2002

In his work Andreas Hausendorf creates his own reality, inner landscapes between coincidence and order, monochrome color spaces and vaguely certain forms, lighter and darker shades. Visual experiences, the artist says, usually give the impulse to begin with the painting process. The urge to merge into the creative and formgiving flow of energy carries the brush in his hands  into unforeseen dimensions. The artist puts himself fully at the disposition of his work and carries out, what the process demands. I make out a surprising shift of accent compared to the work of earlier years. There is an obvious reduction of the use of ash, sea sands and other natural elements, which used to invigorate the surfaces of his work. 

A prolonged stay in La Palma, one of the fascinating vulcaneous Canary Islands belonging to Spain, shows its influence in temperamentful and refreshing colour combinations which live from their extraordinary vital and impulsive brushstroke. Reminiscent of the four elements fire, water, earth and air are the luminous overlapping forms in jellow, orange and blue, while the strong lines which seem to investigate the compositions evoke a subtle vibrating musicality. 

As ever the main theme of Andreas Hausendorfs’ work is the processing of his personal experiences and the attempt to clear up arising existential questions. The urge to question is the main drive which utters itself in the work process, producing a facetted and exciting Oeuvre, which leads artist and beholder alike to the borders of human conciousness.

Copyright by Renate Dürst, Basler Zeitung

About my work

Colors surprise and fascinate me anew every day with their strong radiant and expressive beauty. 

I wake up, look out the window and ask myself how the vibrations of light, the mood of the trees against the sky, the nuances of color and shadow in the awakening morning will feel like today. Is it not so, that in that moment, when we open our eyes, forms and colors meet us visually and touch our mind? Is it not so, that this daily experience moulds, broadens and deepens our consciousness? 

I wake up a second time when I open the door to my studio and meet the canvases in process which await and question me in their pregnant silence, color and form. A strong vital energy emanates from them and confronts me that moment. They encourage me to plunge into the work process and find answers, to search for what is lying inherently under the surface of life. The color spaces undergo changes within hours, days, weeks and months until the composition emerges full bodied.  Gesture, tone and surface begin to vibrate if I am able to remain in an ingenuous state of mind and stay immediately authentic.

I find most of my inspiration in Nature and in the intercourse with life. It is my desire to communicate this energy out of which life creates itself and to let this energy speak through my work.

Andreas Hausendorf, Arlesheim, January 04

Ausstellung zu Andreij Tarkowskij im Ackermannshof BAsel 2008

Die Suche nach der Wahrheit und ihrer vielfältigen Offenbarung im künstlerischen Prozess ist ein Gebot der Zeit. Kunst soll nicht schön, sondern wahr sein. Im seelischen und geistigen Sinne wahr. Sie muss sich der Substanz der eigenen Biografie bedienen, dem Substrat  aller menschlichen Erfahrungen, um Wesentliches aussagen zu können. So ist sie oft ihrer Zeit voraus und wird von nur Wenigen verstanden. Damit muss der Künstler leben.

Diese Auffassung verband Andreas Hausendorf mit Andreij Tarkowskij, dessen genial komponiertes Filmschaffen dem Betrachter seelische Landschaften und biografische Zusammenhänge von ausgesuchter Echtheit und innerer Tragweite aufschließt. Leben im Exil und die Auseinandersetzung mit Widerständen in der eigenen Biografie werden zu Zerreißproben und der hochsensiblen Natur mit unerschütterlicher Hingabe und Kraft abgerungen. 

Die Nachricht von seinem Tod 1985 trifft, bewegt und beschäftigt den Maler und es entstehen Requiem für Tarkowskij und im filtrierten Winterlicht des Ateliers in kurzer Abfolge auf dem zerschnittenen Abdeckmaterial des alten Malbodens die Serie für Tarkowskij. Die schwerelose Dichte der archaischen Bildsprache durchdringt die Tiefen menschlicher  Existenz

Nadine Reinert, Basel 2008

Die Lehrlinge zu Sais „Lieber Heinrich von Ofterdingen“ 2005

Draussen war es kalt, anfangs Februar und weisse Wolken zogen schnell über einen hellblauen Himmel. Wind wehte, wehte auch durch meine Gedanken. Ich wollte etwas Leichtes machen. Malen ohne schwere Stoffe, die durchgeknetet werden müssen bis sie Leben erhalten.

Also schaute ich aus dem Fenster weiter in die Weite. Malen mit Wasserfarben auf einem kleinen Format. Wasserfarben leicht beweglich, das Bewegliche, Fliessende noch zeigend, wenn sie auf dem Papier zur Ruhe kommen und trocknen.

Dabei wurde das Weiss des Blattes als Farbe mit der fliessenden Farbe behandelt.

Und das Weiss wiederum formte die Wasserfarbe. Leicht und blütenhaft entstanden die ersten Gruppen und formten sich zu einem zusammenhängenden Block (21x27,9cm auf 180mg).

Die Farbe leuchtete mir geheimnisvoll blütenhaft entgegen wie eine feine ätherische Essenz. Im Blütenhaften keimende Werdeformen, oder in lockerer gefässhafter Geometrie.  Eine Schrift vielleicht über die drängenden Kräfte natürlichen Werdens, wie sie zu dieser Jahreszeit im Verborgenen wirkend nach Aussen spriessen – oder auch mein eigenes Werden als Mensch das hier spricht? – Wer weiss.

Still, im Geist ein Gefäss, konzentriert und heiter wie ein Meister malend , zeichne ich diese Aquarelle ohne Korrektiv. Zur rechten Zeit die Essenz fassend; könnte sein; meine Liebe zur Natur?

Auf diesem Weg begegnet mir in einer Zeitschrift Novalis in einem Artikel über das geheime Deutschland. Damit ist das Deutschland von Novalis, Goethe, Bettina von Arnhem, Lessing und Droste Hülshoff gemeint.

Dieser Novalis berührt mich wieder. Ich mag ihn, wie er denkt, seine Sprache, sein sehr malerisches Sehen. Ich erinnere mich gut an alles, was ich von ihm gelesen habe. Er, der die Natur als Offenbarung, als schöpferische Wirkung des Göttlichen sah und erlebte. Dem die reiche Welt der Sinne als etwas geistig Durchwirktes erschien. Ich lese in den Fragmenten: Romantik ist das potenzieren der Wahrnehmung. Meine kleinen Aquarelle (Fragmente) liegen am Boden – nah an dem was mir Novalis erzählt (sind sie) – mein Anteil an unserem Dialog. Vielleicht sind es die Blätter von der Fabel (Märchen v. Eros und Fabel von Heinrich von Ofterdingen) oder die Mitteilungen an die Schülerinnen und Schüler von der Schule zu Sais?

Eine Antwort zu schnellen digitalen Bildern. Eine Meditation über vorhandene Qualitäten dieser Welt.